Der verzerrte Blick auf die Landwirtschaft

Obwohl die Lebensmittel der modernen Landwirtschaft immer sicherer und die Tierhaltungsbedingungen immer besser werden, fürchten sich Verbraucher zunehmend vor dem Fortschritt der Landwirtschaft – sei es im Bereich Technik, Tierzucht oder im Pflanzenschutz. Der Grund: Die Medien verzerren durch unzureichende Recherche den Blick auf die Landwirtschaft.

Berliner Zeitung wirft Milchbauern die Ausbeutung ihrer Tiere vor

Entgegen der festgezurrten Meinung des Artikels der Berliner Zeitung vom 29.07.2015, die den Milchbauern die Ausbeutung ihrer Tiere vorwirft, besteht kein Zusammenhang zwischen der Erkrankungshäufigkeit (Anzahl Behandlungen) und der Milchleistung der Tiere. Wissenschaftliche Untersuchungen der LFA (Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern) haben ergeben, dass Tiere mit hoher Leistung keineswegs häufiger behandelt werden müssen. Im Gegenteil: Die Anzahl der Behandlungen gehen tendenziell zurück. Dies untermauert, dass hohe Leistungen nur bei hoher Gesundheit möglich sind. Mit einem umfassenden Datensatz, welcher zu den weltweit genauesten zählt, hat die Landesanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern herausgefunden, dass Kühe mit höherer Herdenleistung demnach sogar länger gemolken und auch älter werden.

Behandlungen je Kuh
Untersuchungen von Dr. Anke Wangler und Jana Harms von der LFA in Milchviehbetrieben in Mecklenburg Vorpommern 2002 – 2006

Je höher die Milchmenge pro Kuh ist, desto nachhaltiger und umweltfreundlicher können Landwirte die Milch gewinnen. Weiterhin schont eine Kuh mit einer höheren Milchleistung sogar Umwelt und Klima, u.a. durch geringere Methanemissionen pro Liter Milch.

Hohe Leistungen und eine gute Tiergesundheit sind also das Resultat guter Haltungsbedingungen (Kuhcomfort), gesunder Fütterung und guten Managements (gute Ausbildung der Herdenleiter).

Weitere Untersuchungsergebnisse finden Sie auch im Forschungsbericht zur Lebensleistung und Nutzungsdauer von Milchkühen (Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV)

Hochleistungskühe mit einer Milchleistung von 9000 l erfordern ein intensiveres Management und Wissen der Mitarbeiter und Betriebsleiter. Sicher bestehen in vielen Betrieben noch Reserven hinsichtlich der Verbesserung der Nutzungsdauer. Da das Problem in der Praxis bekannt ist, werden dahingehend aber stetige Optimierungsmaßnahmen getroffen.

Vor allem die Fütterung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit der Kühe. Hier versuchen wir mit fodjan smart feeding das aktuell vorhandene Wissen für die Landwirte anwendbarer zu machen und die Betriebe auf Seite der Fütterung zu unterstützen.

Dass inzwischen zahlreiche Landwirte viel in das Wohl ihrer Tiere investieren, zeigt sich an den vielen Stallneubauten sowie Investitionen in neue Melktechnik und Fütterungstechnik. Auch anhand des zunehmenden Andrangs an Agrarhochschulen ist ein steigendes Interesse an Landwirtschaft und zukunftsweisenden Techniken erkennbar. Diffamierungen der Landwirte in der Öffentlichkeit sind der Findung des motivierten Berufsnachwuchses keineswegs dienlich.

„Das menschliche Gehirn neigt dazu, einige Risiken herunterzuspielen und dafür andere völlig überzogen zu sehen“

Catrin Hahn beschreibt in ihrem Artikel „Die gefühlte Gefahr“ in der aktuellen Ausgabe des agrarmanagers (Ausgabe 08/2015), wie die Medien, die stets auf der Suche nach aufmerksamkeitsstarken und populistischen Themen sind, empfundene Risiken verschärfen und falsch darstellen. Skandale haben bekanntlich eine höhere Medienpräsenz.

Oftmals fehlt den Redakteuren genügend Zeit zur intensiven Recherche. Eine herausbildende Abschreibe-Mentalität und Veröffentlichung von Halbwissen sind die Folge. Demnach ist es kein Wunder, dass unsere Gesellschaft die landwirtschaftliche Nutztierhaltung verzerrt wahrnimmt.

Unternehmen sollten an transparenten Kommunikationsstrategien arbeiten

Der Verbraucher wünscht sich eine transparente Produktions- und Lieferkette für Unternehmen der Agrarwirtschaft. Daher sollten landwirtschaftliche Betriebe bewusst Kontakte zu ausgewählten Journalisten regionaler als auch überregionaler Medien knüpfen. Eine ausgewogene Berichterstattung macht Betriebe und Organisationen weniger angreifbar. Ziel sollte es sein, eine transparente Kommunikationsschiene zu fahren und belastbare Medienkontakte aufzubauen, um das Potenzial für Skandale möglichst gering zu halten.

„Die traurige Wahrheit ist, dass die Branche aus den Skandalen der Vergangenheit viel zu wenig gelernt hat.“
Dr. Michael Lendle, AFC Risk & Crises Consult GmbH im agrarmanger (Ausgabe 08/2015)


Weiterführende Informationen:

Neueste Beiträge

Kategorien